Brücken von Niederbieber
von Wulf Kupfer
Im letzten Heft (21. Jahrgang 2001, S. 11) wurde die Brücke am ehemaligen I Amtsgebäude vorgestellt. Nachdem die Broschüre schon einige Zeit vorlag, tauchte noch nachträglich eine Aufnahme vom Bau jener Brücke auf. Das sicherlich seltene Foto soll dem interessierten Leser des besagten Artikels nicht vorenthalten werden:
II. Fußwegbrücke am Steg
Diese Brücke wurde genau wie die im letzten Heft vorgestellte von der Firma Hilgers AG (Rheinbrohl) im Jahre 1909 erbaut und verband die Straße am Steg mit dem Segendorfer Ufer der Wied. Die ausgeführte Eisenkonstruktion wog 19 Tonnen:
Links im Bild die im 18. Jahrhundert errichteten Häuser von Niederbieber, vornan das Anwesen Marmé; das größere (höhere) Gebäude an der 5. Brückenstrebe mit spitzem Dach war die erste Schule von Niederbieber, danach befand sich in diesem Gebäude die Schreinerei Berger.
Davor das 1902 erbaute Haus Herbst. Ganz rechts im Bild der frühere Gasthof „Zur Post“ (inzwischen abgerissen). An dessen Stelle steht heutzutage ein Geschäftsneubau, der bis 1997 auch die Post beherbergte, bevor diese als Postagentur weitergeführt wurde. Der im Bild links zu sehende, im Vergleich zu heute breitere Verlauf des Wiedflusses (bis etwa zur heutigen Regionalschule) wurde nach der Inflation (1923) genutzt, um dort ein Licht-, Luft- und Schwimmbad anzulegen. Die Umkleidekabinen standen im Bereich der heutigen Altentagesstätte. Das Bad selbst bestand bis Ende der 1950er Jahre.
Die Brücke hatte gerade einmal 20 Jahre bestanden, als sie der erste Schicksalsschlag traf. Im März 1929 war es im mittleren Wiedtal überraschend schnell zur Schneeschmelze gekommen.1) Gewaltige Wassermassen wälzten sich die Wied und ihre Nebenbäche hinunter. Zu allem Unglück kam auch noch ein gefährlicher Eisstau hinzu. Auf der Straße nach der Laubachsmühle türmten sich meterhoch die Eismassen. Brücken wurden weggerissen (z.B. die bei Waldbreitbach), Brückenpfeiler teilweise schwer beschädigt, usw. Auch der Übergang am Steg war den tosenden Wassermassen nicht gewachsen und stürzte ein:
Ganz links auf der Aufnahme sieht man den Gasthof „Zur Post“, das langgestreckte Gebäude daneben ist Biens Mühle. Ganz rechts erkennt man die Gastwirtschaft „Zur Wied“.
Nachdem die Eisenkonstruktion wieder zurechtgebogen worden war, hatte sie gerade einmal 16 Jahre Zeit, ihre verbindende Funktion weiter auszuüben. Den II. Weltkrieg überstand die Brücke – zunächst – ohne Schäden. Erst als sich die deutschen Restmilitäreinheiten in den Westerwald absetzen mußten, wurde sie – um den 20. März herum – in letzter Minute gesprengt.
Drei Jahre mußten die Menschen an beiden Ufern warten, ehe die Brücke (unter Verwendung gesprengter Teile) wieder ihre verbindende Funktion aufnehmen konnte.
In den nächsten fast fünf Jahrzehnten versah der Übergang mehr recht als schlecht seine Aufgabe. Der Laufbelag zeigte allmählich Mängel, die z.T. mit Blechen ausgebessert wurden, um Stolperstellen zu überdecken. Äußerlich sah man der Brücke ihre zahlreichen Verschleißerscheinungen aber nicht an. Dann kam jener Juni 1996, als die Stadtverwaltung Neuwied ? nach vorausgegangener fachkompetenter Überprüfung sich entschloß, den Übergang am Steg aus Verkehrssicherheitsgründen für jegliche Nutzung offiziell zu sperren. Es dauerte ein Jahr, bis die finanziellen Mittel im städtischen Haushalt zur Verfügung standen. Einem Neubau der Brücke – in Stahl-/ Holzkonstruktion als sog. Trogbrücke – stand nun nichts mehr im Wege.
Nach z.T. unvorhergesehenen Schwierigkeiten bei der Anlieferung bzw. Einpassung der vormontierten, 34 Tonnen wiegenden Überwegkonstruktion sowie Anpassung der Zuwege konnte am 27. November 1997 der neue Fußgängersteg offiziell eingeweiht werden gerade rechtzeitig zum Weihnachtsmarkt auf der Wiedinsel am ersten Advent.3)
Alle Bilder im Archiv Kupfer/Kreismedienzentrum (KMZ)
Anmerkungen:
1) vgl. hierzu – Hoffmann, Josef: Land an der Wied, Neuwied 1929, Seite 29 – 32
2) siehe hierzu im einzelnen den ausführlichen Bericht : Die Stadtteile Niederbieber und Segendorf erhalten eine neue Fußgängerbrücke über die Wied, in: Unser Niederbieber einst und jetzt – 18. Jahrgang 1998.
3) Für die Darstellung in diesem Beitrag wurden ferner benutzt :
a. Recherchen von Herrn Helmut Krämer (Neuwied)
b. Auskünfte von Herrn Jürgen Herbst (Niederbieber)
Nachtrag:
Mit diesem Artikel dürfte die in dem unter 2) zitierten Beitrag geäußerte Vermutung bezüglich der Erbauung der Stegbrücke („Die Ersterbauung des „Steges“ dürfte in die Zeit um 1905 fallen“) wohl endgültig widerlegt und zugleich richtiggestellt sein.